So richtig begann die WM erst mit dem ungeduldig erwarteten letzten Einzelrennen eines der besten Leichtathleten der Geschichte. Dass
Usain Bolt "nur" Bronze gewann, war zu verschmerzen. Dass der Sieg über 100 m aber an einen mehrfach ertappten
Dopingsünder ging, tut der ohnehin durch Dopingskandale angeschlagenen Leichtathletik keinen Gefallen.
Zur Tragödie aber wurde Bolts Abschied am vorletzten Tag der WM: Als Schlussläufer der 4× 100 m Staffel ging er schon nach wenigen Metern mit einem Krampf im Oberschenkel
zu Boden. Der Weg war frei für den Überraschungssieg der Briten, die erstmals in dieser Disziplin bei einer WM Gold gewannen.
GEWINNER 1 - Siebenkampf
Am 3. Tag die erste Medaille für das deutsche Team: Im Siebenkampf erkämpfte sich Carolin Schäfer eine Silbermedaille
- und zeigte sich anschließend überglücklich. Nach der Steigerung ihrer persönlichen Bestleistung in Götzis vom vergangenen Mai, die sie an die 15. Stelle der ewigen
Bestenliste katapultiert hatte, war eine Medaille durchaus erhofft worden. Und Carolin Schäfer wurde der Erwartungshaltung während des gesamten Wettkampfes gerecht.
GEWINNER 2 - Zehnkampf
Gleich zwei Medaillen heimsten die deutschen Zehnkämpfer Rico Freimuth und
Kai Kazmirek ein. Die Tradition erfolgreicher deutscher Mehrkämpfer wurde damit fortgesetzt.
Der Zahl der Medaillen nach sind die Männer bei Weltmeisterschaften nur im Diskuswurf erfolgreicher.
GEWINNER 3 - 100 M HÜRDEN
Ebenso überraschend wie zwei Jahre zuvor die aktuell verletzte Cindy Roleder zu Silber gesprintet war, flog diesmal Pamela Dutkiewicz
bei ihrer WM-Premiere über die Hürden - Bronze war der Lohn.
GEWINNER 4 - SPEERWURF
Für die einzige Goldmedaille sorgte, nicht ganz unerwartet aufgrund seiner Vorleistungen mit neuem deutschen Rekord, Johannes Vetter.
Mit seinem Triumph verhinderte er, dass die deutsche Mannschaft wie zuletzt 2003 bei einer WM ohne eine Goldmedaille geblieben ist.
Für Thomas Röhler dagegen, den amtierenden Olympiasieger, reichte es, wie schon zwei Jahre zuvor, erneut nur zum 4. Platz. Zwei Tschechen, die beide persönliche Bestleistung
warfen, verhinderten seine Medaille.
ERFREULICHES
gab es erneut im Läuferbereich. Gina Lückenkemper, noch keine 21 Jahre alt, sprintete in ihrer noch jungen Karriere über 100 m erstmals unter
11 Sekunden und erzielte mit ihren 10,95 s die schnellste Vorlaufzeit aller Teilnehmerinnen. Im Halbfinale allerdings war Endstation. Ihre 11,16 s reichten nicht für den
Einzug ins Finale.
Und Konstanze Klosterhalfen, auch gerade mal 20 Jahre alt, lief über 1.500 m nach gut der Hälfte der Strecke der Weltelite auf und davon - um
kurz vor dem Ziel von eben derselben eingeholt und überholt zu werden.
WENIG ERFREULICHES
Zwei mit großen Ambitionen angereiste amtierende Vizeweltmeister erlebten herbe Enttäuschungen: David Storl verpasste den Endkampf im Kugelstoßen
und wurde mit einer bescheidenen Weite lediglich 10. Raphael Holzdeppe gar scheiterte im Stabhochsprung 3× an der Anfangshöhe von 5,50 m -
ein "Salto nullo".
Diese und weitere eher schwache Leistungen führten dazu, dass insgesamt nur 18 Platzierungen unter den TOP 8 zu
verzeichnen waren. Bei der letzten WM waren es noch 28! Das Allzeittief wurde nur knapp verfehlt. Andere Nationen, gerade auch in den technischen Disziplinen, haben
deutlich aufgeholt. Die Hoffnung bleibt, dass die jungen Talente für künftige Erfolgserlebnisse sorgen können. DLV-Präsident Clemens Prokop jedenfalls sieht die deutsche
Leichtathletik "für die Zukunft gut gerüstet".
TRAGISCHES
Über 3.000 m Hindernis rannte die etwas verwirrt wirkende Kenianerin Beatrice Chepkoech erst am Wassergraben vorbei, dann wieder zurück und strauchelte kurz darauf auch noch
über ein Hindernis. Gesa Felicitas Krause stürzte über sie, bekam einen Schlag an den Kopf und einen Tritt auf den Fuß. Krause aber gab nicht auf.
Sie lief weiter, kämpfte bis zum Schluss und erreichte in einer noch immer guten Zeit Platz 9. "Ich bin trotzdem stolz auf mich, weil ich nicht aufgegeben habe",
meinte sie unmittelbar nach dem Rennen. Und das darf sie sein. Aus deutscher Sicht war das sicherlich einer der größten sportlichen Leistungen bei dieser WM - auch ohne
Medaille!
FAZIT
Eine gigantische Leichtathletik-Party war die WM in London, schrieb die Presse. Und damit hatte sie recht. Rund 700.000 Zuschauer sorgten für eine WM-Rekordkulisse. Die
Athleten schwärmten. Jubel, Drama, Siege, Niederlagen, Gefühle, jeder Sportabend ein Fest - so muss Leichtathletik sein.
Die nächste WM findet in Doha (Katar) statt. Es ist schwer vorstellbar, dass dort das Londoner Spektakel auch nur annähernd erreicht werden kann. Wir lassen uns gerne
überraschen.
Die deutschen Medaillengewinner und Nächstplatzierten im Überblick
Platzierung
Zahl
Athlet/in
Disziplin
Gold
1
Johannes Vetter
Speerwurf
Silber
2
Rico Freimuth
Zehnkampf
Carolin Schäfer
Siebenkampf
Bronze
2
Pamela Dutkiewicz
100 m Hürden
Kai Kazmirek
Zehnkampf
4. Platz
3
Tatjana Pinto, Lisa Mayer, Gina Lückenkemper, Rebekka Haase